Höhere Steuern auf Kapitalbezüge werden geprüft
Von Sandra Willmeroth
Wenn sich gegen Jahresende eine positive finanzielle Bilanz des eigenen Haushalts abzeichnet, ergreifen viele Schweizerinnen und Schweizer noch schnell eine der attraktivsten Möglichkeiten zum Steuersparen überhaupt: Sie zahlen bis zum 31.12. des Jahres in einen Vorsorgevertrag der Säule 3a ein. Maximal dürfen das in diesem Jahr 7056,- Franken für Erwerbstätige mit Anschluss an eine Pensionskasse sein und 35.280 Franken oder 20 Prozent des Nettoeinkommens für Erwerbstätige ohne Pensionskasse. Mit einer Einzahlung in die Säule 3a stärken die Versicherten ihre Private Vorsorge – doch viel wichtiger dürfte für die meisten dabei sein, dass sie damit ihr aktuell zu versteuerndes Einkommen mindern. Denn Steuernsparen ist heimlicher Volkssport und wann immer sich eine Möglichkeit dazu ergibt, wird diese gerne ergriffen.
Umso lauter erschallt der Aufschrei, wenn eine Quelle droht zu versiegen, wie derzeit diskutiert wird. Denn bislang wird die spätere Auszahlung aus der Säule 3a analog zum Kapitalbezug aus der 2. Säule zu einem vergünstigen Satz besteuert. Damit könnte aber bald Schluss sein, denn beim Bund gibt es neue Pläne, nach denen diese privilegierte Besteuerung aufgehoben werden soll, so dass die Steuer auf den Kapitalbezug ähnlich hoch ausfällt, wie die auf den Rentenbezug.
Hintergrund dieser Idee ist, dass die bislang ungleiche Besteuerung von Kapital- und Rentenbezug die Rente aus der 2. Säule vergleichsweise unattraktiv erscheinen lässt. Angesichts der Tatsache, dass sich immer mehr BVG-Versicherte ihr Kapital aus der 2. Säule auszahlen lassen, anstatt eine Rente zu beziehen (aktuell haben sich laut Bundesangaben sogar erstmals mehr Versicherte für den Kapitalbezug als für den Rente entschieden), würde eine höhere Besteuerung des Kapitalbezugs die Rente wieder attraktiver erscheinen lassen – so die Idee dahinter. Der Rentenbezug ist aus Sicht von Bund und Kantonen die bessere Wahl, weil, so die Meinung der vom Bundesrat zur Bereinigung des Bundeshaushalts eingesetzten Expertengruppe «Ausgaben- und Subventionsüberprüfung», Kapitalbezüge zu sozialpolitisch unerwünschten Resultaten führen können. Zum Beispiel wenn das bezogene Kapital zu rasch aufgezehrt wird und die betroffenen Personen dann auf Ergänzungsleistungen zur Alterssicherung (EL) angewiesen sind, die hätten vermieden werden können, wenn die Personen statt eines Kapitalbezugs die Rentenzahlung gewählt hätten.
Genauere Zahlen, die einen Zusammenhang zwischen dem Kapitalbezug und der Inanspruchnahme von EL belegen, liegen letztmals in einer Erhebung des Bundesamts für Sozialversicherungen aus dem Jahr 2014 vor. Von den 19.300 berechtigten Anträgen auf EL hatten 33 Prozent der Antragstellenden zuvor Kapital aus der 2. Säule bezogen. Der komplette Wegfall der Kapitalabfindungen bei der Pensionierung hätte damals dazu geführt, dass die Ausgaben der EL insgesamt um 4,5 Prozent oder in Summe 12 Millionen Franken geringer ausgefallen wären.
Nebst dieser Ausgabenersparnis bei den EL würde der Bund bei einem Wegfall der Steuerprivilegien für die Kapitalauszahlungen zudem in den Genuss von Mehreinnahmen in Höhe von 220 Millionen Franken (Bund) respektive 60 Millionen Franken (Kantone) kommen, wie die Eidgenössische Steuerverwaltung ermittelt hat.
Spruchreif ist der Vorschlag zur Änderung der Besteuerung des Kapitalbezugs aber noch lange nicht, derzeit prüft der Bund diese und weitere Ansätze des Entlastungspakets noch und wird sie im Januar in die Vernehmlassung geben. Aber damit ist bereits ein Vorsorgethema für das neue Jahr sicher gesetzt. Andere werden folgen, auch das ist sicher.