Nach dem Nein zur BGV-Reform: Was Pensionskassen jetzt tun können 

Das Abstimmungsdebakel zeigt: Die Vorsorgeeinrichtungen können nicht auf Hilfe der Politik hoffen. Sie müssen die Probleme selbst lösen. 

Von Beat Schmid

Im Nachhinein ist man immer klüger. Auch bei der Abstimmung über die BVG-Reform, die am Sonntag vom Stimmvolk bachab geschickt wurde. Ein «Debakel mit Ansage», das «Nein war programmiert», kommentierten die Zeitungen das Ergebnis. Das Kernstück der Vorlage, die Senkung des Umwandlungssatzes im Obligatorium von 6,8 auf 6 Prozent, ist damit vom Tisch. Bereits zum dritten Mal seit dem Jahr 2010 wurde eine Senkung des Umwandlungssatzes an der Urne verworfen. Damit dürfte klar sein: Einen weiteren Anlauf wird es auf absehbare Zeit nicht geben.

Die Reform verbockte das Parlament. Es hat den historischen Kompromiss der Sozialpartner komplett umgeschrieben. Indem die Bürgerlichen die austarierte Lösung zu weit nach rechts drehten, verloren sie zuerst die Unterstützung der Gewerkschaften und der SP. Aber auch auf der rechten Seite begann die Front zu bröckeln. Als flatterhafter Partner erwies sich einmal mehr das Gewerbe, das teilweise ins Nein-Lager wechselte. Als dann auch noch die Ablehnung in der SVP-Basis wuchs, war der Mist geführt. Gegen diese unheilige Allianz hätte es einen viel mutigeren Abstimmungskampf gebraucht. 

Das Nein ist vor allem ein Debakel für die Politikerinnen und Politiker in Bern. Ihnen kann man vorwerfen, in sozialpolitischen Fragen zunehmend den Kontakt zur Bevölkerung zu verlieren. Eine wichtige Erkenntnis des letzten BVG-Sonntags lautet deshalb: Die Vorsorgeeinrichtungen können nicht auf die Politik hoffen und müssen die Probleme in der 2. Säule allein lösen. Unmöglich ist das nicht, da das BVG nur den gesetzlichen Minimalrahmen vorgibt. Da eine Mehrheit der erwerbstätigen Bevölkerung überobligatorisch versichert ist, bleibt den Kassen viel Spielraum, den sie nutzen können. 

Zum Beispiel: Heute ist vorgeschrieben, dass Arbeitnehmende spätestens ab dem 25. Altersjahr in die zweite Säule einzahlen. Es ist aber nicht verboten, dass junge Arbeitnehmende bereits mit 20 Jahren erste Beiträge leisten. Wenn ein Unternehmen dies den jungen Arbeitnehmenden auf freiwilliger Basis ermöglicht, können diese früher und damit mehr Alterskapital aufbauen. 

Ein weiterer Punkt sind die Vorsorgepläne. Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern drei verschiedene Vorsorgepläne anbieten. Nur wenige tun dies. Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern Wahlmöglichkeiten bieten, schaffen sie einen Anreiz, dass die Versicherten möglicherweise mehr ansparen, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Aber noch wichtiger, und das führt mich zum dritten Punkt: Die Versicherten werden sich ganz automatisch früher und intensiver mit der 2. Säule auseinandersetzen. Mehr über eines der wichtigsten Vorsorgesysteme zu wissen, ist absolut elementar. 

Dass eklatante Wissenslücken bestehen, hat sich bereits im Vorfeld der Abstimmung über die BVG-Reform gezeigt. Die Unkenntnis über Umwandlungssätze und Koordinationsabzüge war vielleicht nicht ausschlaggebend für das Nein an der Urne – aber sicher mitentscheidend.