Teilzeitarbeit hinterlässt grosse Lücken
Von Sandra Willmeroth
Work-Life-Balance, Frauenquote, Flexwork – es gibt viele Ansätze mit denen Frauen stärker in die Erwerbstätigkeit eingebunden werden sollen. Bislang jedoch ohne nennenswerte Erfolge. Nach wie vor erhalten Frauen eine um 32,8% tiefere Rente als Männer. «Im Verlauf der letzten Jahre hat sich dieser Wert kaum verändert», schreibt das Bundesamt für Statistik (BfS) zu den von ihm ermittelten Zahlen. Weil sich an den strukturellen Gründen nichts verändert hat. Es gibt nach wie vor zu wenig zahlbare Kinderbetreuungsmöglichkeiten was dazu führt, dass viele Frauen für ihre Kinder zuhause bleiben und dafür ihr Arbeitspensum reduzieren: Gemäss den Umfrageergebnissen der Swiss Life Studie «Verliebt, verlobt, versorgt?» sind fehlende, ungeeignete oder zu teure ausserfamiliäre Betreuungsmöglichkeiten ein häufig genannter Grund, weshalb junge Mütter nicht Vollzeit erwerbstätig sind.
Auch die Zahlen des BfS sprechen hier eine eindeutige Sprache: Von den alleinstehenden Frauen ohne Kinder arbeiten lediglich 30% in Teilzeit, hingegen sind es 80% bei Frauen, die Kinder haben. Sie gehen durchschnittlich nur noch mit einem Pensum von 60% der bezahlten Erwerbstätigkeit nach – den Rest der Zeit verbringen sie häufig mit unbezahlter Erziehungs- und Pflegearbeit.
Teilzeitarbeit führt zu Verdienstlücken
Erschwerend kommt hinzu, dass diese Phase der Kindererziehung sehr häufig in die Zeit zwischen dem 30igsten und 40igste Lebensjahr fällt – genau dann, wenn Arbeitnehmende meist die grössten Karrieresprünge machen und deutliche Gehaltserhöhungen einstreichen können – zumindest Vollzeit-Arbeitnehmende. Denn Teilzeitkräfte bleiben hier aussen vor – sowohl was die Karriere angeht als auch das Einkommen. Gemäss des White Papers «Die 1-Mio.-CHF-Lücke» von KPMG und Advance verdienen Frauen im Alter zwischen 35 und 44 Jahren durchschnittlich 48% weniger als gleichaltrige Männer, weil sie Beförderungen und Gehaltserhöhungen verpasst haben, die später kaum mehr aufzuholen sind.
Verdienstlücken führen zu Vorsorgelücken
Der geringere Teilzeitverdienst hinterlässt seine Spuren in der Vorsorge, wo dann eine Lücke klafft. Denn wer mit reduziertem Pensum arbeitet, zahlt natürlich auch entsprechend weniger in die Pensionskasse ein und erhält so am Ende eine tiefere Rente. Gemäss der Studie «Teilzeit: Auswirkungen auf die Altersvorsorge» von der UBS weist eine alleinstehende Person, die sechs Jahre lang in einem Pensum von 80 Prozent arbeitet, gegenüber einem Vollzeitäquivalent bereits eine Vorsorgelücke von rund 2-6 Prozent auf.
Angebotslücken ermöglichen Wettbewerbsvorteil
Für Arbeitgebende kann die strukturelle Unterversorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen hingegen auch eine Chance sein. Unternehmen, die unter dem Stichwort «Vereinbarkeit von Beruf und Familie» mehr verstehen als flexible Arbeitszeiten oder Home Office und stattdessen (oder im Idealfall zusätzlich) bezahlbare Kindertagesstätten für die eigenen Mitarbeitenden betreiben, sichern sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil im demografisch bedingten Fachkräftemangel und dem dadurch härter werdenden Kampf um qualifizierte Arbeitnehmende.